Am 1. September wählt Brandenburg einen neuen Landtag. Dies nahmen Landesapothekerkammer und Apothekerverband Brandenburg zum Anlass und luden Apothekerinnen und Apotheker ein, um mit Vertretern der zur Wahl antretenden Parteien über die Zukunft der Apotheken im Land zu diskutieren. Den Fragen nach Konzepten und Ideen der Parteien in ihren jeweiligen Wahlprogrammen, um auch zukünftig eine flächendeckende Versorgung mit Arzneimittel durch die Apotheken vor Ort zu sichern, stellten sich Dr. med. Dietmar Buchberger (AfD), Martin Wandrey (B 90/Die Grünen), Peter Vida (BVB/Freie Wähler), Barbara Richstein (CDU), Kathrin Dannenberg (Die LINKE), Hans-Peter Götz (FDP) und Daniel Keller (SPD).
Die Moderation übernahm Professor Dr. Andreas Kaapke, der seit vielen Jahren überaus kenntnisreich die wirtschaftlichen und berufspolitischen Aspekte der Apothekenlandschaft in Kolumnen und Artikeln beleuchtet und kommentiert.
Kaapke skizzierte zur Einführung in die Diskussion kurz die Apothekenentwicklung deutschlandweit und fokussierte anschließend auf die Situation der Apotheken im Land Brandenburg. Probleme bereiten den Apotheken nicht nur die vielfältigen zu bewältigenden Aufgaben wie Digitalisierung und elektronisches Rezept, Arzneimittelsicherheit mit securPharm, pharmazeutische Dienstleistungen und Medikationsmanagement. Es ist auch die unbeantwortete Frage nach einer Entwicklung der Honorierung und des sich stetig verschärfenden Problems des Fachkräftemangels. Die Zahl der selbstständigen Apotheker im Land nimmt weiter ab, immer häufiger, weil sich kein Nachfolger für die Apotheke finden lässt. Nicht nur die Abkopplung von der wirtschaftlichen Entwicklung und die immer weiter sinkende Verlässlichkeit von adäquaten Rahmenbedingungen für die Apotheken aufgrund bundes- oder europapolitischer und zunehmend auch gerichtlicher Entscheidungen sorgen für Verdruss. Bürokratie, Reglementierung, pharmaziefremde Aufgaben und mangelnde Wertschätzung tun ihr Übriges. Und hier fragte Kaapke nach den Parteiprogrammen mit den jeweiligen Konzepten und Ideen der Parteien, wie sie sich eine zukünftige sichere und flächendeckende Arzneimittelversorgung der Bevölkerung durch Apotheken vorstellten.
Bei diesem Punkt bleibt festzuhalten, dass kaum eine Partei das Thema Arzneimittelversorgung als wichtigen Bestandteil der staatlichen Daseinsvorsorge erkannt und mit ins Wahlprogramm aufgenommen hat. In den meisten Wahlprogrammen kommen Apotheken und die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln nicht vor oder es wird pauschal von medizinischer Versorgung und Pflege gesprochen.
Forderungen, die von der Brandenburger Apothekerschaft seit Jahren erhoben und eingefordert werden, sind die Einführung eines Pharmaziestudiengangs und die Etablierung eines weiteren Standorts für die PTA-Ausbildung im Land Brandenburg, dem einzigen deutschen Flächenland, in dem bisher keine Pharmazeuten ausgebildet werden. In den letzten Äußerungen der brandenburgischen Wissenschaftsministerin war lediglich von einer medizinischen Fakultät an der BTU Cottbus-Senftenberg die Rede. Was aus der lang angekündigten Prüfung eines Pharmaziestudiengangs im eigenen Land wird, bleibt auch weiterhin im Vagen – und das, obwohl der bestehende und sich weiter verstärkende Mangel an ausgebildeten Pharmazeuten bereits jetzt schon spürbare Auswirkungen angenommen hat. Die schlimmste Auswirkung des Fachkräftemangels ist, dass bereits erste Apotheken schließen mussten, weil keine Apotheker mehr für die personelle Besetzung gefunden werden konnten. Entsprechend groß waren Skepsis und Unmut im Saal, was die bisherige Hinhaltetaktik der brandenburgischen Landesregierung und die Diskussion der Parteivertreter anbelangte. Die Vertreterin der Linken räumte ein, dass die beteiligten Ministerien zu oft aneinander vorbei sprechen würden. Man müsse sich aber ernsthafte Gedanken machen, wie rund tausend benötigte Pharmazeuten in den nächsten Jahren gefunden werden könnten. Bei diesem Thema schien es keine klaren Linien zu geben, denn die Positionen der Parteien lagen weit auseinander und reichten von klaren Bekenntnissen pro Studiengang Pharmazie bei CDU, AfD und BVB/Freie Wähler bis hin zu einer verklausulierten Prüfung und Analyse der Finanzierbarkeit und des Standortes (B 90/Die Grünen), der grundsätzlichen Prüfung der Notwendigkeit (Die LINKE, SPD) und einer vorher durchzuführenden Erhebung des tatsächlichen Fachkräftebedarfes (FDP). Bei diesem wichtigen Thema bleibt einzig die Hoffnung, dass der sich bei den Landtagswahlkandidaten abzeichnende Eindruck eines parteiübergreifenden Konsenses für ein Pharmaziestudium im Land Brandenburg schnellstmöglich zu Beginn der nächsten Legislaturperiode umgesetzt wird.
Mehr parteiübergreifende Einigkeit zeigten die Politiker bei der Forderung nach Abschaffung der verpflichtenden Importquote. Unter Federführung von Gesundheitsministerin Susanna Karawanskij (Die LINKE) hatte die brandenburgische Landesregierung eine Bundesratsinitiative zur Abschaffung gestartet, die von allen Fraktionen im Landtag unterstützt wurde. Letztlich aber fand die Initiative aus Brandenburg keine Mehrheit mehr in der entscheidenden Abstimmung zum GSAV im Bundesrat.
Anders als in den Wahlprogrammen ihrer Parteien – wo Apotheke kaum vorkommt – betonten die zur Wahl stehenden Politiker des Öfteren die besondere und wichtige Funktion und Aufgabe der Apotheken für die Gesundheitsversorgung und –vorsorge – insbesondere in einem Flächenland wie Brandenburg. Dies gelte es zu erhalten und die Parteien machten sich schon Gedanken mit welchen Mitteln und Instrumenten auch zukünftig eine flächendeckende Arzneimittelversorgung gewährleistet werden könne. Die Grünen diskutierten derzeit ein gestaffeltes packungsbezogenes Honorar, mit dem Apotheken in strukturschwachen Regionen unterstützt werden könnten. Dabei sei der Versandhandel aber eine sinnvolle Ergänzung zur Versorgung durch Apotheken. Linke und Freie Wähler könnten sich mobile Arztpraxen in ländlichen Gebieten vorstellen. Die SPD hingegen will dem Problem fehlender Pharmazeuten außerhalb der Ballungszentren mit einer Förderung von „Landpharmazeuten“ Abhilfe schaffen, ähnlich der Landärzteförderung durch die Kassenärztliche Vereinigung. Dies könnten sich auch die Grünen vorstellen. Und auch die CDU will prüfen, welche zusätzlichen Anreize geschaffen werden könnten, damit zukünftig Apotheker in Brandenburg tätig werden. So wird bei der CDU in Betracht gezogen, Stipendien an Pharmaziestudenten zu vergeben, um sie in ländlichen Regionen zu halten.
Kontrovers wurde das Thema Versandhandel diskutiert. Einzig der Vertreter der AfD sprach sich explizit für ein Versandhandelsverbot mit verschreibungspflichtigen Medikamenten aus. Zwar ist das auch die Forderung der Linken auf bundespolitischer Ebene, aber dies brachte die landespolitische Vertreterin nicht in die Diskussion ein.
Zum Ende der Veranstaltung wurden die zahlreichen und andauernden Lieferprobleme dringend benötigter Arzneimittel in den Apotheken thematisiert. In einem eindringlichen Appell wandten sich Kollegen an die Politiker, sich für bessere Rahmenbedingungen für Apotheken und besonders für eine Verbesserung der mittlerweile dramatischen Situation durch nicht lieferbare Arzneien einzusetzen. Mit der Begründung einer fehlenden Landeszuständigkeit und dem Verweis auf die Regelungskompetenz des Bundes sprachen sich die Podiumsteilnehmer eine eigene Verantwortung ab. Nur der Kandidat der Freien Wähler ließ dieses Argument nicht gelten und verwies für die Landesregierung auf die Möglichkeit einer Bundesratsinitiative und hinterfragte, ob denn die Landespolitiker nicht mit den Bundespolitikern sprechen würden. Landespolitik sei schließlich nicht vom Bund abgekoppelt.